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Antisemitismus im Comicstrip

Comicstrip aus: Deutsche Volksgesundheit 2 (1934), Nr. 1/2, Januar 1934, S. 45f.<span class=prov></span>
Comicstrip aus: Deutsche Volksgesundheit 2 (1934), Nr. 1/2, Januar 1934, S. 45f.

Leben und Taten des Herrn Isidor Färber.
Eine lustige Geschichte mit zahlreichen Fortsetzungen.
Zeichnungen von Fips.

Den Mann mit Wasser, Tees und Licht
Und Kügelchen, den mag ich nicht.

Er stört mit dem Naturheilwahn
Mir meinen ganzen Impfungsplan.

Kurpfuscher hab ich ihn genannt,
Geächtet so im ganzen Land.

Selbst vor Gericht hab ich gesiegt,
Das Schimpfwort wurde nie gerügt.

Jetzt bricht, was ich kaum fassen kann,
Die Nazipest auch diesen Bann.

„Isidor“ mit Davidstern

Die Comicstrips erzählen Geschichten aus dem Leben des fiktiven Pharmaunternehmers Isidor Färber. Der Name ist vermutlich von einer antisemitischen Verleumdungskampagne der Berliner NSDAP inspiriert. Die von Joseph Goebbels initiierte Kampagne verunglimpfte den seit 1927 amtierenden jüdischen Polizeivizepräsidenten Berlins, Bernhard Weiß, systematisch als „Isidor Weiß“. Die Darstellung Färbers folgt dem gängigen Muster der antisemitischen Karikaturen von „Fips“. Insbesondere die dicke, stark gekrümmte Nase sticht hervor, zusätzlich betont durch Manschettenknopf und Uhrenanhänger in Form eines Davidsterns.

„Adamin“ und „Evalin“ versus Tee, Licht und Globuli

Der Anzug, der Bowler-Hut und die Westernstiefel sollen Isidor Färber mit dem englischen Sprachraum in Verbindung bringen. Großbritannien und die USA stehen stellvertretend für den globalisierten liberalen Kapitalismus. Der Ausdruck „Impfungsplan“ im zweiten Panel sowie die Werbeschilder für die fiktiven Medikamente mit den pseudo-alttestamentlichen Namen „Evalin“ und „Adamin“ sowie „Schnupfin“ im dritten Panel lassen Färber als Vertreter einer gewinnorientierten pharmazeutischen Industrie erscheinen. Im Gegensatz dazu steht die von nationalsozialistischen Ärzten und Gesundheits­politikern favorisierte Naturheilkunde („Neue Deutsche Heilkunde“) mit ihren Mitteln Wasser, Tee, Licht und homöopathischen Kügelchen.

„Kurpfuscher“

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts befanden sich naturwissenschaftlich ausgebildete Ärzte mit verschiedenen Anbietern alternativer Medizin, wie z. B. Homöopathen, in Konkurrenz um Patienten und gesellschaftliche Anerkennung. Unter dem Sammel­begriff „Kurpfuscher“ führte die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung des Kurpfuschertums mehrere politische und juristische Kampagnen gegen Alternativmediziner durch. Der Begriff „Kurpfuscher“ wurde, anders als in der Karikatur dargestellt, von deutschen Gerichten meist als unzulässige Beleidigung angesehen.      

 

Die Zeitschrift „Deutsche Volksgesundheit“