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Die Verdrängung missliebiger Ärzte

Vom Ausschluss zur Auswanderung: Dr. Max Markus


Im Archiv-Bestand „Rechtsfälle des Hartmannbunds“ überliefertes Foto von Max Markus, undatiert, 5,5 × 7,7 cm. Fotograf: unbekannt | <span class=prov>Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00594</span>
Im Archiv-Bestand „Rechtsfälle des Hartmannbunds“ überliefertes Foto von Max Markus, undatiert, 5,5 × 7,7 cm. Fotograf: unbekannt | Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00594

Der Fall von Max Markus aus dem schlesischen Gottesberg (Boguszów) zeigt, dass gerade bei jüdischen Ärzten die Initiative zum Ausschluss von der kassenärztlichen Tätigkeit häufig von lokalen Akteuren ausging – hier vom Verein der Knappschaftsärzte in Waldenburg (Wałbrzych).
14 Knappschaftsärzte erklärten am 22. September 1934, dass für sie „eine kassenärztliche Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Markus […] völlig ausgeschlossen“ sei, und sprachen sich gegen seine Wiederzulassung aus. Vermutlich verbarg sich hinter den ihm gegenüber vorgebrachten Vorwürfen (angebliches unkollegiales Verhalten und „Hamstern“ von Verschreibungsformularen) nichts anderes als Antisemitismus. Zwar klagte Markus gegen den Ausschluss und versuchte Schadensersatz geltend zu machen, doch bereitete er spätestens 1936 seine Aus­wanderung nach Palästina vor.

Als Kommunist ausgeschlossen: Dr. Werner Schmidt


Schreiben der KVD-Bezirksstelle Vogtland, Plauen, an die Rechtsabteilung der KVD, Berlin, 16. Mai 1935, S. 3 | <span class=prov>Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00666</span>
Schreiben der KVD-Bezirksstelle Vogtland, Plauen, an die Rechtsabteilung der KVD, Berlin, 16. Mai 1935, S. 3 | Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00666

Der praktische Arzt Werner Schmidt aus Reichenbach (Sachsen) wurde am 30. Mai 1933 „wegen kommunistischer Betätigung“ von der kassenärztlichen Tätigkeit aus­ge­schlossen. Seiner Beschwerde dagegen gab der Reichsarbeitsminister am 7. November 1933 statt. Ein anschließender Prozess Schmidts gegen die KVD-Bezirksstelle Vogtland, die seine Kassenarzthonorare einbehalten hatte, endete mit einem Vergleich. Am 15. Mai 1935 wurde er vom Landgericht Plauen wegen Abtreibung und fahrlässiger Tötung zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Die KVD schloss ihn daraufhin zum zweiten Mal von der kassenärztlichen Tätigkeit aus.

Sammelband mit ausgefüllten Fragebögen zur Abstammung von Kölner Ärztinnen und Ärzten (Buchstaben G–K), 1933/34, Einband | <span class=prov>Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00532</span>
Sammelband mit ausgefüllten Fragebögen zur Abstammung von Kölner Ärztinnen und Ärzten (Buchstaben G–K), 1933/34, Einband | Alt-Archiv der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Berlin, 00532

„… ein derartig gefährlicher Schädling des 3. Reiches“

Mit dem am 7. April 1933 von der deutschen Reichsregierung beschlos­senen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufs­beamtentums“ wurden Beamte „nichtarischer Abstammung“ in den Ruhestand versetzt bzw. entlassen. Dies galt auch für diejenigen Ärztinnen und Ärzte, die an staatlichen und städtischen Krankenhäusern, an Universitätskliniken und Gesundheitsämtern tätig waren. 

Nur zwei Wochen später verfügte die Regierung ein ähnliches Vorgehen gegen die niedergelassenen Ärzte: Die „Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen“ des Reichsarbeitsministers Franz Seldte vom 22. April 1933 erklärte „die Tätigkeit von Kassenärzten nichtarischer Abstammung sowie von Kassenärzten, die sich im kommunistischen Sinne betätigt haben“, für beendet. Für den strengen Vollzug der Verordnung sorgten an erster Stelle die Kassenärztlichen Vereinigungen. Die freigewordenen Kassenarztstellen erhielten bevorzugt Jungärzte, die der NSDAP angehörten oder nahestanden.