Ärztliche Standesorganisationen und ihre „Gefolgschaft“
„Untragbar“ für die KVD: Gerta Disselkamp

Maria Gertrude (genannt: Gerta) Disselkamp wurde 1893 in Krefeld geboren. Seit 1914 arbeitete sie für den Ärzte-Verein zu Krefeld und ab 1933 als leitende Sekretärin für die dortige KVD-Bezirksstelle, wo sie am 13. Mai 1937 ihren Eid auf Adolf Hitler leistete. Ab Mai 1938 war sie für die KVD-Landesstelle in Düsseldorf tätig. Am 28. September 1938 soll sie sich kritisch zur geplanten deutschen Eroberung des sogenannten Sudetenlands geäußert haben. Nachdem der Leiter der KVD-Landesstelle Rheinland, Dr. Hans Heinrich Harrfeldt, weitere Belege für Disselkamps angebliche politisch-weltanschauliche Unzuverlässigkeit gefunden hatte, kündigte er ihr fristlos.
In einem Schreiben an das Arbeitsgericht Düsseldorf vom 5. November 1938 legte Harrfeldt Disselkamps Mitleidsbekundungen über das Schicksal jüdischer Ärzte als „offenen Widerspruch gegen die Massnahmen der Staatsführung und der Vertretung der Deutschen Ärzteschaft“ aus. Nachdem Disselkamp vor dem Arbeitsgericht Einspruch gegen die fristlose Kündigung erhoben hatte, wandelte das Gericht die fristlose in eine ordentliche Kündigung um.
Harrfeldt siedelte 1939 nach München über. Dort leitete er die bayerische Ärztekammer, das Gauamt für Volksgesundheit München-Oberbayern sowie die Münchener Bezirksstelle von KVD und Ärztekammer. Am 4. Juli 1945 nahm sich Harrfeldt in Traunstein in Oberbayern das Leben. Gerta Disselkamp wohnte weiterhin in Krefeld. Dort verstarb sie 1991 in einem Pflegeheim.

In Treue zum „Führer“?
Die Nationalsozialisten setzten auf verschiedene Instrumente, um ihre politische Macht abzusichern. Im öffentlichen Dienst – zu dem auch die Kassenärztlichen Vereinigungen zählten – wurden ab 1933 mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ schrittweise alle jüdischen und politisch missliebigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen.
Ab 1937 mussten die Angestellten im öffentlichen Dienst einen Treueeid auf Adolf Hitler leisten. Er galt als rechtlich verbindlich. So konnten kritische Äußerungen über die nationalsozialistische Politik als Eidbruch und damit als Dienstvergehen ausgelegt werden. Der Treueeid wurde auch genutzt, um die „Gefolgschaft“ – so lautete der NS-Propagandabegriff für einfache Angestellte und Arbeiter – politisch „auf Linie zu bringen“ und zu disziplinieren.