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Ärzte und Patienten im Krieg

Mit der Leica im Kriegsgefangenenlager: Dr. Hugo Lill


Ärztliche Untersuchung im Stalag VI C Bathorn in Hoogstede (Emsland). Hugo Lill (2. von rechts) als aufsichtführender deutscher Arzt, u. a. mit zwei französischen Ärzten in weißen Kitteln, undatiert [1940/41]. Fotograf: unbekannt | <span class=prov>Nachlass Hugo Lill © LWL-Medienzentrum für Westfalen, Münster</span>
Ärztliche Untersuchung im Stalag VI C Bathorn in Hoogstede (Emsland). Hugo Lill (2. von rechts) als aufsichtführender deutscher Arzt, u. a. mit zwei französischen Ärzten in weißen Kitteln, undatiert [1940/41]. Fotograf: unbekannt | Nachlass Hugo Lill © LWL-Medienzentrum für Westfalen, Münster

Der aus Rheine in Westfalen stammende Hugo Lill (1910–1999) war von August 1940 bis April 1941 als Lagerarzt im Mannschaftsstamm­lager für Kriegsgefangene (Stalag) VI C Bathorn in Hoogstede (Emsland) und anschließend im Stalag 326 (VI K) Stukenbrock (Senne) in Ostwestfalen-Lippe tätig. Im Stalag 326 waren insgesamt mehr als 300 000 sowjetische Kriegsgefangene inhaftiert. Viele von ihnen mussten Zwangsarbeit im Ruhrgebietsbergbau, in Industrieanlagen, Handwerksbetrieben oder auf Bauernhöfen leisten. Für dieses Lager sind die Namen von rund 11 000 verstorbenen Gefangenen bekannt; die Gesamtzahl dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

In beiden Lagern machte Lill – zum Großteil auf Farb-Diafilm – mit seiner Leica III-Kleinbildkamera eine Vielzahl von Aufnahmen bzw. ließ diese von Dritten anfertigen. In der Nachkriegszeit praktizierte er als niedergelassener Arzt in Rheine.

Collage aus ausgeschnittenem Foto und Zeichnung. Schwarzweißabzug auf Agfa-Lupex-Fotopapier, 12 × 16 cm. Das Foto zeigt den Arzt Dr. Joachim Beese, der 1942 als Angehöriger der Aufklärungsstaffel 1.(F)/124 der deutschen Luftwaffe in Norwegen stationiert war. | <span class=prov>Sammlung Ulrich Prehn, 2009</span>
Collage aus ausgeschnittenem Foto und Zeichnung. Schwarzweißabzug auf Agfa-Lupex-Fotopapier, 12 × 16 cm. Das Foto zeigt den Arzt Dr. Joachim Beese, der 1942 als Angehöriger der Aufklärungsstaffel 1.(F)/124 der deutschen Luftwaffe in Norwegen stationiert war. | Sammlung Ulrich Prehn, 2009

Neue Aufgaben und Funktionen: Betriebsarzt – Lagerarzt – Sanitätsoffizier

Bereits in den ersten Jahren des NS-Regimes wurde der Arztberuf zunehmend militarisiert. In der ärztlichen Ausbildung gewannen wehr­medizinische Themen an Bedeutung. Mit dem Luftschutzsanitätsdienst fanden Ärzte ein neues Betätigungsfeld. Seit dem Überfall auf Polen 1939 und der Ausweitung des deutschen Herrschaftsbereichs standen Ärzte vor vielfältigen neuen Aufgaben. Sie bauten ein deutsches Gesundheitswesen in den besetzten Ländern auf und waren als Revier-, Vertrauens- und Betriebsärzte oder in Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlagern tätig. Im Kampf gegen angebliche Simulanten und „Arbeitsverweigerer“ trugen sie dazu bei, in den Betrieben hohe Krankenstände zu vermeiden und so einen effizienten Arbeitseinsatz zu gewährleisten. 

Auch unter den Wehrmachtsärzten war die Bandbreite an Tätigkeiten groß: Sie versorgten Kriegsverletzungen jeglicher Art, bekämpften Infektionskrankheiten und führten wehrmedizi­nische Forschungen ebenso wie Musterungen durch. Mit dem zivilen Gesundheitswesen gerieten sie zunehmend in Konflikt um Lazarettkapazitäten.